29.05.2020
Wickert

Oberkolbenpresse mit 4.000 kN Öffnungskraft für Composite-Bauteile

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Lesedauer: 8 Minuten.

Auf der Suche nach einer wirtschaftlichen Lösung zur Fertigung von Composites für die Luftfahrttechnik schaute sich ein russischer Hersteller auf dem Weltmarkt um. Die energiesparenden Pressen der WKP Oberkolben-Baureihe der […]

Die WKP 12000S zur Fertigung von Composites mit der enormen Zykluszeit von bis zu 72 Stunden sowie der hohen Öffnungskraft von 4.000 kN und Ausstoßer mit 3.000 kN. (Foto: Wickert)

Die WKP 12000S zur Fertigung von Composites mit der enormen Zykluszeit von bis zu 72 Stunden sowie der hohen Öffnungskraft von 4.000 kN und Ausstoßer mit 3.000 kN. (Foto: Wickert)

Auf der Suche nach einer wirtschaftlichen Lösung zur Fertigung von Composites für die Luftfahrttechnik schaute sich ein russischer Hersteller auf dem Weltmarkt um. Die energiesparenden Pressen der WKP Oberkolben-Baureihe der Wickert Maschinenbau, Landau, kamen in die engere Wahl. Die Fertigungsleitung des Werks entschied sich für eine kundenspezifisch angepasste WKP 12000 S die all die Anforderungen erfüllte. Gefordert waren eine ungewöhnlich hohe Öffnungskraft von 4.000 kN und die Ausstoßer mit 3.000 kN sowie die enorme Zykluszeit von bis zu 72 Stunden. Auch die Heizplattentemperaturen von bis zu 340 °C waren für den Hersteller von Elastomer-Pressen kein Hindernis.

Die Wahl für Wickert fiel auch vor dem Hintergrund, dass das Pfälzer Unternehmen in Vergangenheit für den russischen Markt bereits einige Projekte erfolgreich realisiert hatte. Damit lagen die für Geschäftsbeziehungen in Russland sehr wichtige gute lokale Referenzen vor. Mit 15 m Werkshallenhöhe und der Möglichkeit, Gewichte von Einzelbauteilen von 50 t und mehr zu handhaben, besitzt Wickert damit neben dem Know-How auch die organisatorisch-/technischen Möglichkeiten zur Fertigung solcher Großpressen.

Aufbauend auf dem WKP-Standardpressenprogramm entwickelte und produzierte das Pfälzer Unternehmen in rund sechs Monaten die in 4-Säulenbauweise ausgeführte Oberkolbenpresse WKP 12000S mit der Presskraft von 12.000 kN – eine von jährlich 80 bis 100 Pressen, die in Landau entstehen.

Hohe Produktqualität durch exakt geregelte Temperaturverteilung

Die Heizplatte der WKP 12000 S bietet eine homogene Temperaturverteilung. (Foto: Wickert)

Die Heizplatte der WKP 12000 S bietet eine homogene Temperaturverteilung. (Foto: Wickert)

Ein Garant für das Erreichen der geforderten hohen Produktqualität sind die aus dem Vollen gebohrten Heizkühlplatten in Spezialausführung mit sehr homogener Temperaturverteilung. Um Qualitätsschwankungen zu verhindern, muss sich im Werkzeug ein gleichmäßiges Temperaturniveau einstellen. Die Heizplatten sind 1.880 x 2.480 mm groß. Die maximale Heizplattentemperatur ist auf vergleichsweise sehr hohe 340 °C ausgelegt. Im Bereich der Kühlung gibt es unterschiedliche Konzepte. Die Wahl fiel hier auf eine Ölkühlung, da im Vergleich zu einer Wasserkühlung auch während der Kühlphase eine homogene Temperaturverteilung gewährleistet werden kann.

Trotz hoher Temperatur energiesparend konstruiert

Die Kosteneffizienz spielt eine wichtige Rolle bei allen Überlegungen zur jeweiligen Großpressenkonzeption. Individuell an die Fertigungsaufgabe angepasst, wurde die Anlage so energieeffizient wie möglich ausgelegt. Die hydraulischen sowie elektrischen Baugruppen sind entsprechend den geforderten Prozessparametern so konzipiert, dass eine effiziente Energienutzung und -einsparung erreicht wird.

Der geschlossene Kühlkreislauf dient insbesondere der Kühlung der Heiz-/Kühlplatten. Das Kühlsystem ist in der Lage die Heizplattentemperatur um 10 K/min zu reduzieren. Die Isolierplatten zwischen Druck- und aus vollem Stahl gebohrter Heizplatte sorgen gerade bei der für derartige Pressen sehr hohen Heizplattentemperatur von bis zu 340 °C für geringstmöglichen Energiebedarf sowohl für den Heiz- als auch den Kühlvorgang.

Während bei duroplastischen Compositen eine isotherme Heizplattentemperatur von normalerweise, maximal 180 °C ausreicht, ist bei thermoplastischen Compositen eine variotherme Temperaturführung erforderlich. Dabei kommt es darauf an, welcher Kunststoff als Binder eingesetzt wird. Hier gibt es eine klare Tendenz zu Hochleistungsthermoplasten, die bei höherer Temperatur verarbeitet werden. Die hier realisierten 340 °C sind in der Composite Industrie Standard. Mit Öl-Heizkühlsystemen sind bis zu 420 °C möglich. In der Ausführung elektrisch beheizt, Wasser gekühlt, auch deutlich darüber hinaus.

Spricht russisch und hat bequeme Bedienhöhe

Vor Ort wird die Presse in einer speziell dafür angefertigten Grube aufgestellt, um eine ergonomische Bedienmöglichkeit zu gewährleisten. Für Fertigungsqualität sorgt die intuitiv ausgeführte „Press-easy“ Bedienführung. Die WKP-Steuerung und -Programmierung erfolgt auf Wunsch des Anwenders in russischer Sprache. Qualitätssichernd ist auch die maximale Abweichung von Parallelität und Planität der Heizplatten mit jeweils 0,2 mm über die gesamte Heizplattenfläche.

Angesichts der bis zu drei volle Tage währenden Zykluszeit spielen Schließ- und Öffnungszeiten eine untergeordnete Rolle. Die Produktivität ist hier auch bei 50 mm/s gesichert. Die Geschwindigkeit des Pressvorgangs liegt zwischen 0,5 und 2 mm/s.

Auch wenn es die WKP-Baureihe wesentlich besser kann, für die geforderte Fertigungsaufgabe genügt eine Regelungsgenauigkeit der Druckkraft von 1 %. Absolut ungewöhnlich ist mit 4.000 kN die Öffnungskraft die auf die bis zu 7 t schweren Formen einwirkt. Das maximale Werkzeuggewicht darf 20 t erreichen. Diese Presse mit vollhydraulischem Schließsystem mit geflanschten Doppelabstreifern besitzt Säulenführungen aus verschleißarmen Hartgewebeschalen wie sie für Flugzeugrümpfe, Karosserien oder Motorradrahmen genutzt werden. Dies kommt der Lebensdauer und Wartungsfreundlichkeit zu Gute.

Der Fahrweg des hydraulisch angetriebenen Schiebetischs beträgt 2.400 mm bei 2.000mm/s Einfahrgeschwindigkeit. Eine Positionskontrolle des bis zu 7.000 kg belastbaren Schiebetischs ist integriert. Der senkrecht wirkende Ausstoßer wird von einem Hydraulikzylinder mit der auch für diese Pressenkomponente außergewöhnlich hohen Kraft von 3.000 kN bewegt.

Sorgfältig überwacht und damit reproduktionssicher

Der hydraulische Antrieb arbeitet mit einer besonders leisen Axialkolbenpumpe. Über exakte Temperatur-, Durchfluss- und Druckkontrollen sind alle Pressenfunktionen präzise überwacht, sodass eine hohe Reproduktion gegeben ist. Entsprechend der möglichen Heizplattentemperatur sind alle Sensoren und Aktoren im Pressbereich hochtemperaturfest. Alle Sensor- und Maschinendaten fließen in die SPS-Steuerung Typ Siemens S7 ein. Die SPS mit Profibus- und Ethernet-Interface lässt manuellen und automatischen Betrieb zu.

Sicherheit ist garantiert

Gemäß EN 289 sichern ein Zaun um die Presse, Lichtschranken im Bedienerbereich und eine Servicetüre auf der Rückseite der Maschine den risikolosen Pressenbetrieb. Die Presse ist außerdem gegen Überspannungen geschützt. Fällt der Strom aus, kann die Steuerung den Betrieb für 15 bis 20 Minuten weiter aufrechterhalten, um die Prozess- und Maschinendaten zu sichern. Alle Komponenten der insgesamt rund 95 t wiegenden Presse sind über die Finite-Elemente-Kalkulation auf 5-fache mechanische Sicherheit ausgelegt.

Intuitiv zu bedienende Steuerung

Für sichere Abläufe und einfache Handhabung der WKP 12500 S sorgen auch die SPS-Steuerung in Verbindung mit der intuitiv zu bedienenden Software „Press-easy“. Alle Sensor- und Maschinendaten fließen in die Steuerung Typ Siemens S7-1500 ein. Die SPS mit Profibus- und Ethernet-Interface lässt manuellen und automatischen Betrieb zu. Ein Wahlschalter für Hand- und Automatikbetrieb sowie Einrichten erleichtert die Arbeit des Bedieners. Das zusätzliche mobile Steuerungspanel ermöglicht dem Bediener außerhalb des Gefahrenbereichs die Presse zu programmieren und zu überwachen oder für Serviceaufgaben auch im Gefahrenbereich einzugreifen.
Die lückenlose Chargenprotokollierung oder zum Beispiel auch die Auswertung archivierter Daten ermöglicht der Datalogger mit Ethernet-Schnittstelle und PC-Interface.

Fernwartung per Internet

Per Internet erfolgt über ein VPN-Gateway mit entsprechender Firewall der Datenaustausch zwischen der Presse und dem Wickert-Diagnosecomputer. Ziel des Remote Monitoring Service ist der standortunabhängige, automatische Datenaustausch. Die Presse übermittelt instandhaltungs- und prozessrelevante Daten aus. Das Ergebnis ist die qualifizierte Hilfestellung wie Trouble Shooting oder Prozessoptimierung durch die Spezialisten in Landau ohne Zeitverlust. Damit steigt die Verfügbarkeit der Produktionsanlage. Auch der Wartungsaufwand z. B. durch externe Serviceleistungen vor Ort sinkt.

Zum zuverlässigen Betrieb tragen die wartungsfreundliche Pressenkonzeption sowie die leckagefreien Verbindungen aller Hydraulikrohre und die effektive Filtration des Hydrauliköls.

Mit im Angebot der WKP 12000 S war auch das Ersatzteil- und Verbrauchsmaterial für einen einjährigen Betrieb. Enthalten im Package sind alle Schmiermittel, sowie ein Satz Hydraulikdichtungen und -filter; hinzu kommen elektrische Komponenten wie Relais und Sicherungen.

Stefan Hertel, Leiter Konstruktion von Wickert, sagt zu dem Konzept der Großpressen: „Wir haben die Bauweise unserer Pressen so optimiert, dass auch bei maximaler Presskraft höchstmögliche Präzision am Bauteil erreicht werden kann. Hinzukommt, dass wir innovative Automatisierungskonzepte für Großbauteile entwickelten und nicht nur das zentrale Bauteil Presse anbieten, sondern alle erforderlichen Peripheriebauteile. Das reicht von den Handhabungs- und Transporteinrichtungen bis hin zu Heiz-/Kühlsystemen mit bis zu 5.000kW Heizleistung. Das Wickert-Baukastensystem ermöglicht den Bau vergleichsweise preiswerter Pressen die in allen Belangen den Anforderungen der Industrie 4.0 entsprechen.”

www.wickert-presstech.de

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