23.11.2023
Envalior

Feuerfest trotz dünner Wände

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Lesedauer: 6 Minuten.

Der Werkstoffspezialist bietet einen neuen Verbundwerkstoff der Marke Tepex an, der die marktüblichen thermal-runaway-Tests für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen schon bei sehr dünnen Prüfkörperdicken besteht.

Die hohe Beständigkeit des neuen Composites gegen die extremen Bedingungen bei einem Brand von Batteriezellen beruht auf den nicht brennbaren Lang- und Endlosfasern, mit denen das Material in einem mehrschichtigen Aufbau verstärkt ist. „Vor allem die Fasern sorgen dafür, dass unser Konstruktionswerkstoff bei einem Durchgehen von Batteriezellen den extremen Drücken, den Temperaturen von teils weit über 1.000 °C und dem abrasiven Glühpartikelbeschuss gewachsen ist. Er eignet sich daher auch für Bauteile innerhalb der Batterie – wie etwa Zellgehäuse, -halter und -trennwände“, erklärt Dr. Dirk Bonefeld, Leiter Produktmanagement Tepex bei Envalior, Düsseldorf.

Brände von Batteriezellen wirksam eindämmen

Experten begutachten einen Tepex-Prüfkörper, der einen Batterie-Stresstests mit Partikelstrahl überstanden hat, ohne durchzubrennen. (Foto: Envalior)

Experten begutachten einen Tepex-Prüfkörper, der einen Batterie-Stresstests mit Partikelstrahl überstanden hat, ohne durchzubrennen. (Foto: Envalior)

Elektrische Fehlfunktionen, Überhitzungen oder mechanische Schäden können in einer Zelle von Fahrzeugbatterien eine exotherme chemische Reaktion in Gang setzen, die einen Brand der Zelle auslöst. Der Vorgang wird als thermal runaway bezeichnet (thermisches Durchgehen). Breitet sich der Brand von Zelle zu Zelle aus, spricht man von thermal propagation. Der Brand darf keinesfalls auf das gesamte Fahrzeug übergreifen und die Insassen gefährden. Das Batteriegehäuse spielt daher in der Eindämmung der Brände eine zentrale Rolle. Thermal runaway-Tests stellen die extremen Belastungen nach, die ein solcher Brand auf Batteriegehäuse ausübt. „Unser neues Composite kann die gängigen Tests dieser Art – wie etwa den BETR-Test nach UL 2596 – bei Prüfkörperdicken von nur zwei Millimetern oder sogar weniger bestehen“, so Bonefeld. BETR steht für Battery Enclosure Thermal Runaway. Außerdem erfüllt das Material bei Wanddicken von zwei Millimetern problemlos die Anforderungen des Batterie-Stresstests durch Partikelstrahl von der svt Holding GmbH, einem führenden Unternehmen unter anderem für industrielle Brandschutzanwendungen. „Der Tepex-Prüfkörper weist trotz Partikelbeschuss bei bis zu 1.400 °C am Testende nach 20 Sekunden keinen Durchbrand auf – und das ohne weitere Schutzmaßnahmen im Material oder stützende Metallplatten. Schon bei geringen Wanddicken und damit geringem Gewicht ist daher ein hohes Maß an Sicherheit gegeben“, ergänzt Bonefeld. Auch gegen äußere Feuerquellen bildet das Composite eine wirksame Barriere. So entstehen im Fire Pan Test, der sich an die UN-Regelung 180, 6.2.4, anlehnt und Brandsituationen von Batterien in Unfallsituationen sehr realistisch nachstellt, durch brennenden Kraftstoff weder Löcher im Material, noch entzünden sich die Fasern.

Der Tepex-Prüfkörper weist trotz Partikelbeschuss bei bis zu 1400 °C am Ende des svt-Tests keinen Durchbrand auf. (Foto: Envalior)

Der Tepex-Prüfkörper weist trotz Partikelbeschuss bei bis zu 1400 °C am Ende des svt-Tests keinen Durchbrand auf. (Foto: Envalior)

Großserientauglicher Leichtbau

Ein weiterer Vorteil des Materials ist, dass es deutlich weniger wiegt als Stahl und auch Aluminium. „Die Dichte einer rein glasfaserverstärkten Materialvariante ist um rund 70 % geringer als die von Stahl. Wird die Kernschicht des Composites mit Carbonfasern verstärkt, ist der Dichteunterschied sogar noch größer. Im Vergleich zu Aluminium ist unser Composite dann um deutlich mehr als ein Drittel leichter“, so Bonefeld weiter. Envalior hat den Leichtbauwerkstoff fertig entwickelt und bietet ihn in großserientauglichen Mengen an.

Große Wahlfreiheiten bei Faser, Faseranordnung und Matrix

Das Verbundmaterial besteht aus mehreren Schichten Lang- oder Endlosfasern. Jede Schicht kann je nach Anforderungen mit speziellen Textilien verstärkt werden. Der Faseranteil am Composite liegt insgesamt bei mehr als 50 Gewichtsprozenten. Als Matrixmaterialien eignen sich zum Beispiel Polyamide oder andere technische Kunststoffe. „Gerade die Freiheiten bei der Wahl von Fasern, Faseranordnung und Matrixmaterialien sind eine besondere Stärke unseres Werkstoffs. Er lässt sich dadurch spezifisch an individuelle Anforderungen anpassen“, führt Bonefeld aus.

Das Composite steht auch in einer Variante mit rezyklierten Carbonfasern zur Verfügung. Der Rezyklatanteil am gesamten Composite liegt dann bei rund 36 Gewichtsprozenten. „Dieser Verbundwerkstoff bietet sich besonders für mechanisch sehr stark belastete Gehäuse an. Außerdem ist er durch die Carbonfasern Material der Wahl, wenn das Gehäuse elektromagnetisch abschirmend sein muss“, erklärt Bonefeld. Diese Abschirmung stellt sicher, dass Geräte in und nahe der Batterie nicht durch elektrische oder elektromagnetische Effekte gestört werden.

Elektrisch isolierend, durchschlag- und kriechstromfest

Die Fasern der Außenschichten sind vollständig mit Matrixkunststoff imprägniert. Dadurch entsteht eine geschlossene Kunststoffoberfläche. „Sie sorgt dafür, dass unser Material exzellente elektrische Eigenschaften wie eine hohe Durchschlagfestigkeit und einen hohen Oberflächenwiderstand hat“, so Bonefeld. Außerdem zeigt es eine gute Kriechstromfestigkeit (CTI A > 400 V, Comparative Tracking Index).

Beständig in Tauchkühlflüssigkeiten

Das Composite ist auch beständig gegen Tauchkühlflüssigkeiten. Mit diesen elektrisch nichtleitenden und schwer entflammbaren Fluiden werden häufig ganze Batteriegehäuse zur direkten Kühlung geflutet (Immersion Cooling), um etwa die beträchtlichen Wärmemengen beim Schnelladen von Batterien ableiten zu können. Langzeitlagerungen in marktgängigen dielektrischen Tauchkühlflüssigkeiten zeigten, dass der Verbundwerkstoff auch nach über 1.500 h weder seine mechanischen Eigenschaften verändert noch aufquillt und auch keine Stoffe in die Kühlflüssigkeit abgibt. Er ist daher problemlos in Tauchkühlflüssigkeiten einsetzbar.

Nachhaltige Stoffkreisläufe aufbauen

Als thermoplastisches Material ist das neue Composite wie alle anderen Vertreter der Tepex-Organoblechfamilie gut zu rezyklieren. So lassen sich etwa Produktionsabfälle wie Verschnitt problemlos schreddern und zu qualitätsgesicherten Rezyklat-Compounds für das Spritzgießen verarbeiten. Auch ein Verwerten von Bauteilen ist auf diese Weise möglich. Außerdem können Composite und Bauteile via Solvolyse und Depolymerisation rezykliert werden. „Unser neuer Werkstoff bietet sich daher zum Aufbau nachhaltiger Stoffkreisläufe an”, unterstreicht Bonefeld.

www.envalior.com

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